DIE INTERNATIONALE SPRACHEIM DIENST FÜR CHRISTEN UND KIRCHE |
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Sprachliche Verschiedenheit, vor allem wenn sie zum Erregen eines über-steigerten Nationalismus mißbraucht wird, führt oft von mangelnder Ver-ständigungsbereitschaft bis zur völligen Ablehnung. Bei der Herrschschaft der Mächtigen über Schwächere war immer auch die Neigung im Spiel, letz-teren auch die eigene Sprache aufzu-drängen. Daher gilt seit Urzeiten als ungeschriebener Grundsatz: "Wer das Reich regiert, dessen Sprache mar-schiert." Dies bewirkt die sichere Abwertung und Unterdrückung von Rechten und kultureller Identität insbe-sonder bei kleineren Völkern, ja man-chmal sogar den Verlust ihrer Indivi-dualität. In unserer Zeit hat die sprach-liche Vorherrschaft offensichtlich eine viel raffiniertere Form; denn sie wird vor allem von wirtschaftlichen Interes-sen gelenkt und stützt sich auf tech-nische Errungenschaften. Die derzeitige Globalisierung wird unverkennbar von einer allmählichen Anglisierung der Sprachen in weltweitem Maßstab beg-leitet. Die Übernahme irgendeiner nationalen Sprache als gemeinsames Verstän-digungsmittel hat für manche Kontakt-partner diskriminierenden Charakter. Erfahrungen aus der Geschichte haben gezeigt, daß die menschliche Gemein-schaft eine internationale Hilfssprache benötigt; und zwar eine wirklich neut-rale und leichte, die eine Verständigung unter den Menschen auf gleichberech-tigter Grundlage ermöglichen würde. Das Wissen um dieses dringende Bedürfnis äußerte sich hauptsächlich während der letzten zwei Jahrhunderte in einer Reihe von Entwürfen plan-mäßig ausgearbeiteter neuer Sprachen. Aus ihnen setzte sich nach längerer Bestätigung erfolgreich nur eine durch: Sie heißt "Esperanto". Ihr Urheber ist der polnische Augenarzt Dr. Ludwig Lazarus Zamenhof (1859-1917). Diese internationale Sprache entstand aus seiner tiefen Überzeugung, daß die Welt ein einfaches, verstehbares und völlig neutrales Verständigungsmittel brauche, das die Sprachschranken und Diskriminierung beseitigen würde und gleichzeitig für jedes Volk leicht zugänglich wäre. Die Bedeutung dieses hochherzigen Unternehmens erkannten auch viele Christen bald nach der Entstehung von Esperanto und griffen es auf.
IKUE-Präsident Duilio Magnani dankt beim IKUE-Kongreß 1995 in Olmütz (Tschechien) Kardinal Miloslav Vlk für die Übernahme der Schirmherrschaft über IKUEEsperanto ist zweifellos ein geniales
sprachwissenschaftliches Werk; es gründet auf logischen
Gesetzmäßig-keiten: Es hat eine lautgetreue Schreib-weise, verwendet
international verbrei-tete Elemente der Wortbildung mit einer genialen
Möglichkeit, Wörter zu bilden mitsamt deren Ableitung, und doch ist
seine Gramatik ganz einfach. Darüber hinaus ist es offen für eine
ständige Übernahme neuer Begriffe und anhaltende Entwicklung.
Heutzu-tage bedient man sich erfolgreich die-ser planvoll geschaffenen
Sprache pra-ktisch auf allen Kontinenten. Sie besitzt eine reiche
Originalliteratur, wie auch viele Werke ins Esperanto übersetzt worden
sind (mehr als 40.000 Buch-titel); in ihr erscheinen Zeitschriften usw.
All dies ist sicher ein hinreichen-der Beweis für ihre Lebensfähigkeit
und Nützlichkeit. Da sie aber mit keiner Nation oder keinem Staat, auch
mit keiner Interessensgruppe unmittel-bar in Verbindung steht, befindet
sie sich zu ihrem Nachteil im Wettstreit mit |
anderen Sprachen, für deren Werbung und Unterricht man ungeheure Summen ausgibt.
Esperanto ist also in einer ungleichen Lage, da es weder eine politische
noch eine wirtschaftliche Macht unterstützt oder gar aufgreift. Im
Gegenteil - das Interesse der herrschenden Regie-rungsstrukturen führt
oft dazu, eben das sprachliche Babylon auf dem internationalen Parkett
für eigene Zwecke zu nutzen. Esperanto beseitigt erfolgreich sprachliche
Hindernisse in den Beziehungen zwischen den Menschen, baut Brücken zur
Verständigungsbereitschaft und führt zu Freundschaft zwischen Völkern und
Rassen. Gerade darin besteht der wesentliche Unterschied im Vergleich zum
Gebrauch fremder Nationalsprachen. Zudem ist es frei von einem schwierigen
Lernprozeß und finanziell aufwendigen Übersetzungssystemen, Übertragungen u.ä.
Es ist erwiesen, daß man Esperanto ungefähr sechsmal schneller lernen kann als
eine andere Fremd-sprache. Das bedeutet in der Praxis, daß ein durch-schnittlich
begabter Schüler nach einem Jahr es soweit beherrscht wie eine andere Sprache
nach sechs Jahren. Leider ist die breite Öffentlichkeit darüber nicht genügend
unterrichtet; infolgedessen sind die Kenntnisse über seine riesigen Vorteile
nicht allzu sehr verbreitet.
Die Erfindung von Zamenhof ist aber nicht nur ein
einzigartiges Verständigungsmittel, vielmehr haben seine Gedanken eine tiefere,
in vielfacher Hinsicht wirkende Bedeutung: Esperantisten bemühen sich mit ihrer
Sprache um die Verbrüderung aller Menschen auf der Grundlage eines gemeinsamen
Ideals. Alle, die sich des Esperanto bedienen, bilden eine große Familie auf
dem ganzen Erdkreis.
Die katholische Kirche, die universal ist und sich
also nicht unmittelbar an irgendeine Nation oder Sprache bindet, bediente sich
im wesentlichen bis zum 2. Vatikanischen Konzil des Lateinischen als
offizieller Gemeinschaftssprache. Sein Vorteil lag darin, daß es sich bei ihm
um eine sogenannte "tote Sprache" handelte, also um eine von sich aus
neutrale Sprache. Formal ist das immer noch so, aber in Wirklichkeit erfüllt
Latein praktisch nicht mehr diese Aufgabe. Die Gründe dafür sind
offensichtlich: Das größte Hindernis für einen verbreiteten Gebrauch ist seine
Kompliziertheit wie seine Unfähigkeit, sich der Entwicklung anzupassen. Das so
entstandene Vakuum wird auf verschiedene Weise gefüllt. Vatikanische Stellen
benützen meistens das Italienische mit vielen Übersetzungen, doch bei vielen
Synoden und anderen internationalen Zusammen-künften verhandelt man in
Sprachgruppen, in denen die sogenannten "Weltsprachen" vorherrschen.
Trotzdem ist bekannt, daß auf diese Weise viele Schwierigkeiten entstehen,
besonders für Vertreter aus kleinen Natio-nen. Diese Regelung ist nicht nur
unpraktisch, sondern gleichzeitig von Nachteil für manche Brüder im Glauben.
Geben wir offen zu: Nicht nur Pfarrer, sondern selbst Bischöfe sind oft
außerstande, sich zu verständigen. Über derartige Komplikationen herrscht
freilich Schweigen.
Die Gemeinschaft des Gottesvolkes, wie sie das 2.
Vatikanische Konzil definiert hat, benötigt also unbe-dingt auch ein gemeinsames
sprachliches Verstän-digungsmittel, das für alle seine Glieder leicht zugänglich
ist. Wenn die Kirche universal ist, und
daran zweifelt keines ihrer Mitglieder, ja dann hat sie für die Kommu-nikation
im Innern wie nach außen auch ein einzigartiges Verständigungsmittel zu ihrer
Verfügung. Christen bilden in der Gemeinschaft der
Esperantisten eine besondere Gruppe; denn neben den skizzierten Ideen streben
sie obendrein noch danach, die frohe Botschaft des Evangeliums in der ganzen
Welt mit Hilfe dieses internationalen Verständigungsmittels zu verbrei-ten. Mit
der Universala Esperanto-Asocio (UEA: Welt-weiter Esperanto-Bund) arbeitet die
Internacia Katolika Unuiĝo Esperantista (IKUE: Internationale Katholische
Esperanto-Vereinigung) mit Sitz in Rom zusammen. Die Schirmherrschaft über IKUE
hat der Prager Erzbischof Miloslav Kardinal Vlk, der ehemalige Präsident des
Rates der Europäischen Bischofskonferenzen, über-nommen; himmlische Patrone sind
die Jungfrau Maria, der heilige Papst Pius X., der heilige Maximilian Kolbe und
der selige Titus Brandsma. Anerkannt hat IKUE der Päpstliche Laienrat als
internationalen Verband von Gläubigen auf der Grundlage des Dekretes Nr.
196/92/S-61/B-25 vom 11.02.1992.
Die internationale Organisation IKUE wurde 1910
gegründet, aber schon seit 1903 erscheint bis heute die Zeitschrift
"Espero Katolika" (Katholische Hoffnung). In gleicher Weise sind
nicht-katholische Christen in der Kristana Esperantista Ligo Internacia
(KELI: Interna-tionale Liga christlicher Esperantisten) vereinigt, die
die Zeitschrift "Dia Regno" (Gottes Reich) herausgibt;
mit
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Beide Hauptorganisationen christlicher Esperantisten-IKUE und KELI-veran-stalten alle zwei Jahre ihre eignen inter-nationalen Kongresse im Wechsel mit gemeinsamen ökumenischen Kongres-sen. Die Woche, die man in Gemein-schaft mit Glaubensgeschwistern aus verschiedenen Nationen ohne Sprach-schranken erlebt hat, bedeutet immer für deren Teilnehmer eine große geistliche Anregung. Esperanto zählt offiziell zu den litur-gischen
Sprachen der Katholischen Kirche. Die Approbation erteilte die vatikanische
Kongregation für Liturgie und Sakramente am 8.11.1990 mit Protokoll Nr. CD
181/89. Das offizi-elle Meßbuch übergaben 1997 IKUE-Delegierte dem Heiligen
Vater. In glei-cher Weise benutzt man bei ökumeni-schen Begegnungen ein
gemeinsames Gebet- und Gesangbuch für alle Chris-ten mit dem Titel
"ADORU", das verschiedene Liturgien, Gebete und Lieder in Esperanto
enthält. In die internationale Sprache ist auch die Bibel übersetzt. Das Alte Testa-ment ist ja das allererste literarische Werk, das in der Esperanto-Über-setzung von Zamenhof herausgegeben worden ist. Papst Pius X. sandte dem 1. Kongreß der Katholischen Esperan-tisten im Jahre 1910 seinen aposto-lischen Segen, den er mit folgenden Worten schloß: "Esperanto hat eine große Zukunft". Auch Papst Johannes Paul II. war dieser Sprache gewogen. Seit 1994 reihte er unter die Festtagsgrüße "Urbi et Orbi" in verschiedenen Sprachen auch Esperanto ein. Der derzeitige Papst Benedikt XVI. setzt diese Tradition fort. Radio Vatikan sendet schon über 25 Jahre Programme in der inter-nationalen Sprache, nämlich dreimal wöchentlich (sonntags um 21.20 Uhr auf Mittelwelle 527 und 1530 kHz, auf Kurzwelle 4005 und 5885 kHz sowie mittwochs und donnerstags um 21.20 Uhr auf Mittelwelle 1260 und 1611 kHz und auf Kurzwelle 7250 und 9645 kHz).
Erzbischof Karel Otèenášek ist oft Gast im Zeltlager der katholischen Esperantisten in Sebranice (Tschechien)
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