DIE INTERNATIONALE SPRACHE

IM DIENST FÜR CHRISTEN UND KIRCHE


Schwierigkeiten bei der Verständigung von Menschen verschiedener Sprach-zugehörigkeit haben schon seit eh und je die Beziehungen zwischen Einzel-personen, Gemeinschaften, ja ganzen Nationen erschwert. Schätzungsweise werden auf der Welt mehr als 6.000 Sprachen gesprochen.

Sprachliche Verschiedenheit, vor allem wenn sie zum Erregen eines über-steigerten Nationalismus mißbraucht wird, führt oft von mangelnder Ver-ständigungsbereitschaft bis zur völligen Ablehnung. Bei der Herrschschaft der Mächtigen über Schwächere war immer auch die Neigung im Spiel, letz-teren auch die eigene Sprache aufzu-drängen. Daher gilt seit Urzeiten als ungeschriebener Grundsatz: "Wer das Reich regiert, dessen Sprache mar-schiert." Dies bewirkt die sichere Abwertung und Unterdrückung von Rechten und kultureller Identität insbe-sonder bei kleineren Völkern, ja man-chmal sogar den Verlust ihrer Indivi-dualität. In unserer Zeit hat die sprach-liche Vorherrschaft offensichtlich eine viel raffiniertere Form; denn sie wird vor allem von wirtschaftlichen Interes-sen gelenkt und stützt sich auf tech-nische Errungenschaften. Die derzeitige Globalisierung wird unverkennbar von einer allmählichen Anglisierung der Sprachen in weltweitem Maßstab beg-leitet.  

Die Übernahme irgendeiner nationalen Sprache als gemeinsames Verstän-digungsmittel hat für manche Kontakt-partner diskriminierenden Charakter. Erfahrungen aus der Geschichte  haben gezeigt, daß die menschliche Gemein-schaft eine internationale Hilfssprache benötigt; und zwar eine wirklich neut-rale und leichte, die eine Verständigung unter den Menschen auf gleichberech-tigter Grundlage ermöglichen würde. Das Wissen um dieses dringende Bedürfnis äußerte sich hauptsächlich während der letzten zwei Jahrhunderte in einer Reihe von Entwürfen plan-mäßig ausgearbeiteter neuer Sprachen. Aus ihnen setzte sich nach längerer Bestätigung erfolgreich nur eine durch: Sie heißt "Esperanto". Ihr Urheber ist der polnische Augenarzt Dr. Ludwig Lazarus Zamenhof (1859-1917). Diese internationale Sprache entstand aus seiner tiefen Überzeugung, daß die Welt ein einfaches, verstehbares und völlig neutrales Verständigungsmittel brauche, das die Sprachschranken und Diskriminierung beseitigen würde und gleichzeitig für jedes Volk leicht zugänglich wäre. Die Bedeutung dieses hochherzigen Unternehmens erkannten auch viele Christen bald nach der Entstehung von Esperanto und griffen es auf.

Prezidanto de IKUE

IKUE-Präsident Duilio Magnani dankt beim IKUE-Kongreß 1995 in Olmütz (Tschechien) Kardinal Miloslav Vlk für die Übernahme der Schirmherrschaft über IKUE

Esperanto ist zweifellos ein geniales sprachwissenschaftliches Werk; es gründet auf logischen Gesetzmäßig-keiten: Es hat eine lautgetreue Schreib-weise, verwendet international verbrei-tete Elemente der Wortbildung mit einer genialen Möglichkeit, Wörter zu bilden mitsamt deren Ableitung, und doch ist seine Gramatik ganz einfach. Darüber hinaus ist es offen für eine ständige Übernahme neuer Begriffe und anhaltende Entwicklung. Heutzu-tage bedient man sich erfolgreich die-ser planvoll geschaffenen Sprache pra-ktisch auf allen Kontinenten. Sie besitzt eine reiche Originalliteratur, wie auch viele Werke ins Esperanto übersetzt worden sind (mehr als 40.000 Buch-titel); in ihr erscheinen Zeitschriften usw. All dies ist sicher ein hinreichen-der Beweis für ihre Lebensfähigkeit und Nützlichkeit. Da sie aber mit keiner Nation oder keinem Staat, auch mit keiner Interessensgruppe unmittel-bar in Verbindung steht, befindet sie sich zu ihrem Nachteil im Wettstreit mit
 

IKUE-Vertreter übergeben am 3.9.1997 in Rom dem Heiligen Vater das Esperanto-Meßbuch

anderen Sprachen, für deren Werbung und Unterricht man ungeheure Summen ausgibt. Esperanto ist also in einer ungleichen Lage, da es weder eine politische noch eine wirtschaftliche Macht unterstützt oder gar aufgreift. Im Gegenteil - das Interesse der herrschenden Regie-rungsstrukturen führt oft dazu, eben das sprachliche Babylon auf dem internationalen Parkett für eigene Zwecke zu nutzen.

Esperanto beseitigt erfolgreich sprachliche Hindernisse in den Beziehungen zwischen den Menschen, baut Brücken zur Verständigungsbereitschaft und führt zu Freundschaft zwischen Völkern und Rassen. Gerade darin besteht der wesentliche Unterschied im Vergleich zum Gebrauch fremder Nationalsprachen. Zudem ist es frei von einem schwierigen Lernprozeß und finanziell aufwendigen Übersetzungssystemen, Übertragungen u.ä. Es ist erwiesen, daß man Esperanto ungefähr sechsmal schneller lernen kann als eine andere Fremd-sprache. Das bedeutet in der Praxis, daß ein durch-schnittlich begabter Schüler nach einem Jahr es soweit beherrscht wie eine andere Sprache nach sechs Jahren. Leider ist die breite Öffentlichkeit darüber nicht genügend unterrichtet; infolgedessen sind die Kenntnisse über seine riesigen Vorteile nicht allzu sehr verbreitet.

Die Erfindung von Zamenhof ist aber nicht nur ein einzigartiges Verständigungsmittel, vielmehr haben seine Gedanken eine tiefere, in vielfacher Hinsicht wirkende Bedeutung: Esperantisten bemühen sich mit ihrer Sprache um die Verbrüderung aller Menschen auf der Grundlage eines gemeinsamen Ideals. Alle, die sich des Esperanto bedienen, bilden eine große Familie auf dem ganzen Erdkreis.

Die katholische Kirche, die universal ist und sich also nicht unmittelbar an irgendeine Nation oder Sprache bindet, bediente sich im wesentlichen bis zum 2. Vatikanischen Konzil des Lateinischen als offizieller Gemeinschaftssprache. Sein Vorteil lag darin, daß es sich bei ihm um eine sogenannte "tote Sprache" handelte, also um eine von sich aus neutrale Sprache. Formal ist das immer noch so, aber in Wirklichkeit erfüllt Latein praktisch nicht mehr diese Aufgabe. Die Gründe dafür sind offensichtlich: Das größte Hindernis für einen verbreiteten Gebrauch ist seine Kompliziertheit wie seine Unfähigkeit, sich der Entwicklung anzupassen. Das so entstandene Vakuum wird auf verschiedene Weise gefüllt. Vatikanische Stellen benützen meistens das Italienische mit vielen Übersetzungen, doch bei vielen Synoden und anderen internationalen Zusammen-künften verhandelt man in Sprachgruppen, in denen die sogenannten "Weltsprachen" vorherrschen. Trotzdem ist bekannt, daß auf diese Weise viele Schwierigkeiten entstehen, besonders für Vertreter aus kleinen Natio-nen. Diese Regelung ist nicht nur unpraktisch, sondern gleichzeitig von Nachteil für manche Brüder im Glauben. Geben wir offen zu: Nicht nur Pfarrer, sondern selbst Bischöfe sind oft außerstande, sich zu verständigen. Über derartige Komplikationen herrscht freilich Schweigen.

Die Gemeinschaft des Gottesvolkes, wie sie das 2. Vatikanische Konzil definiert hat, benötigt also unbe-dingt auch ein gemeinsames sprachliches Verstän-digungsmittel, das für alle seine Glieder leicht zugänglich ist. Wenn die Kirche  universal ist, und daran zweifelt keines ihrer Mitglieder, ja dann hat sie für die Kommu-nikation im Innern wie nach außen auch ein einzigartiges Verständigungsmittel zu ihrer Verfügung.

Christen bilden in der Gemeinschaft der Esperantisten eine besondere Gruppe; denn neben den skizzierten Ideen streben sie obendrein noch danach, die frohe Botschaft des Evangeliums in der ganzen Welt mit Hilfe dieses internationalen Verständigungsmittels zu verbrei-ten. Mit der Universala Esperanto-Asocio (UEA: Welt-weiter Esperanto-Bund) arbeitet die Internacia Katolika Unuiĝo Esperantista (IKUE: Internationale Katholische Esperanto-Vereinigung) mit Sitz in Rom zusammen. Die Schirmherrschaft über IKUE hat der Prager Erzbischof Miloslav Kardinal Vlk, der ehemalige Präsident des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen, über-nommen; himmlische Patrone sind die Jungfrau Maria, der heilige Papst Pius X., der heilige Maximilian Kolbe und der selige Titus Brandsma. Anerkannt hat IKUE der Päpstliche Laienrat als internationalen Verband von Gläubigen auf der Grundlage des Dekretes Nr. 196/92/S-61/B-25 vom 11.02.1992.  

Die internationale Organisation IKUE wurde 1910 gegründet, aber schon seit 1903 erscheint bis heute die Zeitschrift "Espero Katolika" (Katholische Hoffnung). In gleicher Weise sind nicht-katholische Christen in der Kristana Esperantista Ligo Internacia (KELI: Interna-tionale Liga christlicher Esperantisten) vereinigt, die die Zeitschrift  "Dia Regno"  (Gottes Reich)  herausgibt;  mit


ihr arbeitet die katholische Vereinigung recht eng auf ökumenischer Basis zu-sammen, ähnlich wie mit den ortho-doxen Brüdern und Schwestern, die ihre eigene Tutmonda Ortodoksa Ligo Esperantista (TOLE: Internationale Liga Orthodoxer Esperantisten) ge-gründet haben.

Beide Hauptorganisationen christlicher Esperantisten-IKUE und KELI-veran-stalten alle zwei Jahre ihre eignen inter-nationalen Kongresse im Wechsel mit gemeinsamen ökumenischen Kongres-sen. Die Woche, die man in Gemein-schaft mit Glaubensgeschwistern aus verschiedenen Nationen ohne Sprach-schranken erlebt hat, bedeutet immer für deren Teilnehmer eine große geistliche Anregung.

Esperanto zählt offiziell zu den litur-gischen Sprachen der Katholischen Kirche. Die Approbation erteilte die vatikanische Kongregation für Liturgie und Sakramente am 8.11.1990 mit Protokoll Nr. CD 181/89. Das offizi-elle Meßbuch übergaben 1997 IKUE-Delegierte dem Heiligen Vater. In glei-cher Weise benutzt man bei ökumeni-schen Begegnungen ein gemeinsames Gebet- und Gesangbuch für alle Chris-ten mit dem Titel "ADORU", das verschiedene Liturgien, Gebete und Lieder in Esperanto enthält.

In die internationale Sprache ist auch die Bibel übersetzt. Das Alte Testa-ment ist ja das allererste literarische Werk, das in der Esperanto-Über-setzung von Zamenhof herausgegeben worden ist. Papst Pius X. sandte dem 1. Kongreß der Katholischen Esperan-tisten im Jahre 1910 seinen aposto-lischen Segen, den er mit folgenden Worten schloß: "Esperanto hat eine große Zukunft". Auch Papst Johannes Paul II. war dieser Sprache gewogen. Seit 1994 reihte er unter die Festtagsgrüße "Urbi et Orbi" in verschiedenen Sprachen auch Esperanto ein. Der derzeitige Papst Benedikt XVI. setzt diese Tradition fort.

 Radio Vatikan sendet schon über 25 Jahre Programme in der inter-nationalen Sprache, nämlich dreimal wöchentlich (sonntags um 21.20 Uhr auf Mittelwelle 527 und 1530 kHz, auf Kurzwelle 4005 und 5885 kHz sowie mittwochs und donnerstags um 21.20 Uhr auf Mittelwelle 1260 und 1611 kHz und auf Kurzwelle 7250 und 9645 kHz).

Erzbischof Karel Otèenášek ist oft Gast im Zeltlager der katholischen Esperantisten in Sebranice (Tschechien)


Wir katholischen Esperantisten stellen unsere Dienste der uni-versalen Kirche zur Verfügung bei der Verkündigung des Evan-geliums an alle Völker, in Ver-bindung mit den ökumenischen Beziehungen sowie auch im Brückenschlag für die Verstän-digung mit allen Menschen guten Willens. Wir sind über-zeugt, daß die internationale Sprache, wenn sie von der Kir-che genutzt wird, eine wichtige Rolle spielen wird, wie dies der heilige Papst Pius X. voraus-gesagt hat. Unser sehnlichster Wunsch ist, daß Esperanto das gemeinsame Verständigungsmit-tel aller Christen auf der ganzen Welt und auch ein Modell für alle andern Menschen werde. Wir glauben, daß es dafür die besten Voraussetzungen hat. Für unser Tun erbitten wir den Segen Gottes.


Für genauere Informationen können Sie sich an folgende Adresse wenden:
Internationale Vereinigung Katholischer Esperantisten I.K.U.E.,Via di Porta Fabbrica 15, I-00165 Roma RM, Italie
Tel./Fax: +39 06 39638129, e-mail:
ikue@ikue.org   http://www.ikue.org
 

IKUE-Vertreter für Deutschland: Johannes P. Moser, Gasteiner Straße 31, 10717 Berlin.
IKUE-Seelsorger für die Diözese Freiburg: Pfarrer Bernhard Eichkorn, Romäusring 20, 78050 VS-Villingen
Tel. 07721/ 22073, Fax 07721/22074, E-mail: eichkorn.b@t-online.de      http://www.b.eichkorn.homepage.t-online.de/
IKUE-Seelsorger für die Diözese Speyer: Albrecht Kronenberger,  DE 67433 Neustadt, Am Wiesbrunnen 29,
Tel/Fax +49 3621 6162, E-mail: albrecht.kronenberger@t-online.de